Was geschah in den 1970er Jahren?


Gründungstag für die neue Hochschule in Lemgo, damals noch unter dem Namen „Fachhochschule Lippe“. Mit der Einführung eines neuen Hochschultyps – der sogenannten Fachhochschulen – wird der Grundstein für eine Erfolgsgeschichte gelegt. Das Ziel: Kurze Studienzeiten kombiniert mit einem hohen Praxisbezug. Die Geschichte einzelner Studiengänge der Hochschule in Lemgo reicht damals schon viele Jahre zurück. Schon 1891 gab es in Lemgo ein Technikum, an dem man Elektrotechnik studieren konnte, dem folgte die „Staatliche Ingenieursschule für Maschinenwesen Lemgo“, bereits 1970 wurde in Lemgo die Abteilung Nahrungsmitteltechnologie gegründet.

Es geht voran – wenige Monate nach der Gründung gibt es den ersten Grund zu feiern. Der erste Teil der Laborhalle steht. Der designierte Rektor Dr. Werner Rappaport (vorne links) stößt mit Dozenten und Studierenden an.

Mit 30 von 39 abgegebenen Stimmen hat die Vertretung von Studierenden, Dozenten und Beschäftigten der FH Lippe mit großer Mehrheit Oberbaudirektor Werner Rappaport zum ersten Rektor der neu gegründeten FH Lippe gewählt. Rappaport: „Ich bin von Haus aus Optimist. Ich meine, dass wir hier alle Voraussetzungen haben. Wir sind ein ausgezeichnetes Team von über 70 Dozenten.“ Das Bild zeigt v. I.: FH-Rektor Dr. Werner Rappaport, Konvent-Vorsitzender Dipl.-Ing. Denzer, Helmut Krüger, Vorsitzender des Planungsausschusses, hinter ihm Dozent Dr. Reinecke.

Der Studentenclub Lemgo e. V. bekommt endlich Räume. Bürgermeister Reinhard Wilmbusse, Studentenklub-Vorstandsmitglied Ulrike Brüggemann und Fachhochschul-Rektor Dr. Rappaport (v.l.) bei der Einweihungsfeier. Die FH Lippe hat inzwischen knapp 2000 Studierende, die auch eine Mensa und ein Studierendenwohnheim bekommen.

Das Ministerium für Wissenschaft und Forschung stellt den Fachhochschulen erstmalig eine halbe Million Mark für eigenständige Forschungen zur Verfügung. Die Forschungsvorhaben sollen praxisbezogen sein, in der Auswahl der Themen sind die Hochschulen frei. Davon profitiert auch die FH Lippe mit zwei Forschungsvorhaben.

Besichtigung des Neubaus der FH Lippe mit Prorektor Prof. Dr. FIender, /Ratsherrn Plate, den stellvertretenden FDP-Kreisvorsitzenden Merker, MdL Wolfgang Heinz, Prof. Dr. Pelzer, Rektor Prof. Dr. Rappaport und Bürgermeister-Stellvertreter Arndt Uhlmann (v.l.). (Foto: Gerd Schnittger

Es geht voran: Stockwerk für Stockwerk entsteht das Hauptgebäude der Hochschule am Standort Lemgo.

Der erste Computer: Der Landtagsabgeordnete Helmut Krüger hat sich mit Abgeordneten anderer Fraktionen wesentlich dafür stark gemacht, dass die Kosten von damals 600 000 Mark für den Kauf der EDV-Anlage noch in den Landeshaushalt aufgenommen werden und die Hochschule ihren ersten Computer erhält.

Wahl von Dr. rer. nat. Karl-Friedrich Saur (rechts) zum neuen Rektor der FH Lippe. Saur: „Das Schiff ist seetüchtig!“

Die Fachhochschule Lippe hat seit Jahresbeginn die erste Dozentin. Monika Baum ist Grafikerin, 32 Jahre alt und Absolventin der Staatlichen Hochschule für bildende Künste Berlin. Ihre Fachgebiete sind Typographie und Topographie. Mit ihr hat der Lehrkörper der Hochschule 115 Dozentinnen und Dozenten. Inzwischen studieren knapp 3000 Studierende an der Hochschule.

Es wird politisch: Nur wenige Monate nach seiner Amtseinführung handelt sich Rektor Saur eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein, weil er eine Ausstellung mit Plakaten des Grafikers Klaus Staek des Sozialistischen Hochschulbundes genehmigt hat. Der CDU-Kreisverband fühlt sich durch die Plakate diffamiert und legt daraufhin Dienstaufsichtsbeschwerde ein, die das NRW-Wissenschaftsministerium im Juli 1976 zurückweist.

„Die Frage nach dem Fortbestand der Fachhochschule Lippe habe ich schon gekannt, da gab's sie noch gar nicht." So kontert der damalige NRW-Wissenschaftsminister Johannes Rau und beteuert, der Fortbestand der FH Lippe sei sicher. Denn trotz stetig wachsender Studierendenzahlen wird der Standort der Hochschule im ersten Jahrzehnt immer wieder diskutiert.

High-Tech: Die FH Lippe erhält eine neue Prüfanlage für das Lehrgebiet „Entwurf und Konstruktion von Bauelementen“. Sie ist die modernste ihrer Art in Deutschland. Mit der neuen Anlage können Fenster darauf geprüft werden, wie dicht sie gegen Luft und Wasser halten.

Die 70er sind auch ein Jahrzehnt der Studierendenstreiks. Im April geht es auf der Vollversammlung der Studierenden im großen Hörsaal um die Frage: Streik ja oder nein? Die Studierenden hängen symbolisch eine Puppe, die ein Schild mit der Aufschrift „Student 77“ um den Hals trägt. Sie protestieren unter anderem gegen Regelstudienzeit und Zwangsexmatrikulation.

Der AStA der Fachhochschule Lippe veröffentlicht anlässlich der Entführung von Hanns-Martin Schleyer eine Erklärung, in der der AStA-Vorstand die Entführung und die Morde an Jürgen Ponto und den Schleyer-Begleitern verurteilt. Gleichzeitig wehren sich die Studierendenvertreter gegen politische Eingriffe.
