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13. Wohnmedizinisches Symposium: Gesundes Bauen und Wohnen im Fokus

Am 12. November 2024 fand auf dem Kreativ Campus Detmold das 13. Wohnmedizinische Symposium statt. Unter dem Titel „Machen uns unsere Gebäude krank? Gesundes Bauen und Wohnen in der Realität und in naher Zukunft“ widmete sich die Veranstaltung den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen im Zusammenspiel von Bauweise, Gesundheit und Klimaanpassung. Neben der Planung neuer Gebäude wurden auch Strategien zur nachhaltigen Sanierung von Bestandsbauten unter den Prämissen von Energieeffizienz und Gesundheit vorgestellt.

Das Symposium wurde 2011 von dem bekannten Detmolder HNO-Arzt, Wohnmediziner und Honorarprofessor Dr. Manfred Pilgramm in Kooperation mit der Gesellschaft für Wohnmedizin, Bauhygiene und Innenraumtoxikologie e. V. ins Leben gerufen. Professor Dr. Martin Ludwig Hofmann, Dekan der Detmolder Schule für Gestaltung, würdigte in seiner Begrüßung das langjährige und außergewöhnliche Engagement Pilgramms, der krankheitsbedingt seine Lehrtätigkeit an der TH OWL beendet.

Historischer Rückblick und Zukunftsvision der Wohnmedizin

„Die Wohnung der Zukunft ist nutzungsneutral und multifunktional“, stellt Dr. Mario Blei Mitgründer des Symposiums und Experte für Innenraumtoxikologie mit einleitenden Worten fest. Blei sprach als Vertreter von Professor em. Dr. med. Klaus Fiedler über die Entwicklung der Wohnmedizin. Denn „um in die Zukunft blicken zu können, sollte man sich zuerst die Vergangenheit anschauen.“ Der Vortrag zeichnete die Veränderungen von beengten, unhygienischen Lebensbedingungen im 19. Jahrhundert bis zu heutigen Herausforderungen wie Luftqualität und Schadstoffbelastung nach. Blei betonte, dass neben Schadstoffen wie Asbest, Mineralwolle, Holzschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln, Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Lösemitteln, Schwermetallen sowie PCB und PCB der Mensch selbst der größte Emittent von Gesundheitsbelastungen sei, insbesondere durch die Emission von Kohlendioxid. Das energieökonomische Bauen der letzten Jahrzehnte verstärkt die Bedeutung von regelmäßigem Luftwechsel, um ernsthaften Gesundheitsrisiken durch Schimmel und Pilzbefall vorzubeugen. Dadurch wird die Balance zwischen ausreichender Belüftung und Schadstoffminimierung zu einer zentralen Aufgabe.

Zukunftsvisionen präsentierte Blei mithilfe von KI-generierten Bildern: Diese zeigten ein grünes, technologisch unterstütztes Wohnen, das Hygiene, umfassende Datenanalyse und menschliche Bedürfnisse harmonisch in Einklang bringt. Trotz aller Fortschritte sieht Fiedler die Verantwortung für die Zukunft in menschlicher Hand – denn diese kann nicht durch KI, sondern nur durch uns gestaltet werden.

Naturgewalten und bauliche Resilienz

Michael Urban, Abteilungsdirektor bei R+V Allgemeine Versicherung AG Wiesbaden und Stellvertretender Vorsitzender der Kommission Sachschaden des Gesamtverbands der Versicherer (GDV), beleuchtete die Auswirkungen von Extremwetterereignissen wie Überschwemmungen und Stürmen auf Gebäude. Die Kosten für die Regulierung klimabedingter Elementarschäden seien in den letzten Jahren von ca. 200 Mio. Euro auf 4 - 10 Mrd. Euro/Jahr gestiegen. Damit betonte er die Dringlichkeit präventiver Maßnahmen. Der Ansatz „Build Back Better“ wurde als Leitlinie vorgestellt, um Bestandsbauten nicht nur zu sanieren, sondern widerstandsfähiger gegen zukünftige Ereignisse zu machen.

Nachhaltige Sanierung für eine bessere Lebensqualität

Wibke Schaeffer aus Köln zeigte in ihrem Vortrag Wege zur ressourcenschonenden Sanierung schwer geschädigter Gebäudestrukturen auf. Anhand von Projekten zur Hochwassersanierung veranschaulichte sie, wie nachhaltige Materialien wie Lehm eine langlebige und ökologische Alternative bieten. Darüber hinaus erläuterte sie ergänzende Maßnahmen, die nach Bauschäden ergriffen werden sollten. Zwar seien diese Maßnahmen oft kostspieliger, jedoch führe die Langlebigkeit zu einer langfristigen Schonung der Ressourcen und damit zu einer insgesamt höheren Lebensqualität.

Baubiologie und die Architektur der Zukunft

Dr. Mario Blei hob in seinem Vortrag über die Kernaspekte der Baubiologie und deren Bedeutung für die Architektur hervor, dass hohe Werte von Bakterien und Infektionserregern in Innenräumen nicht zwangsläufig bedenklich sind, wenn man das Gesamtsystem betrachtet. Außerdem thematisierte er die Chancen und Risiken organischer Dämmstoffe: Sie sind ökologisch wertvoll, bringen bei unsachgemäßer Anwendung aber Risiken mit sich Durch Leitungs- oder Hochwasserschäden können diese große Mengen Wasser aufnehmen und begünstigen das Wachstum von Pilzen und Bakterien. Ebenso ging er auf Radonbelastung und die Mikrobiome von Gebäuden ein, die erheblichen Einfluss auf die Raumgesundheit haben.

Mit Blick auf die Zukunft prognostizierte Dr. Blei, dass viele dieser Herausforderungen bis 2040 bestehen bleiben werden. Dennoch betonte er, dass ein bewusster Einsatz baubiologischer Konzepte zu nachhaltigen und gesunden Lösungen beitragen kann.

Die Bedeutung von Atmosphäre für Wohlbefinden und Gesundheit

Professorin Sandra Bruns von der Detmolder Schule für Gestaltung rückte die Bedeutung der Atmosphäre in der Raumgestaltung in den Mittelpunkt. Sie erklärte, dass Räume nicht nur technisch und medizinisch optimiert sein müssen, sondern auch eine einladende, gesundheitsfördernde Atmosphäre schaffen sollten. Mit Winston Churchills Zitat „Erst formen wir unsere Räume und dann formen sie uns“ unterstrich sie, dass Räume tiefgreifende psychologische und emotionale Wirkungen haben. Sie beschrieb sie als etwas, das uns „wie eine dritte Haut umhüllt, mit uns wächst und sich wandelt“. Diese Atmosphäre könne durch eine ganzheitliche Gestaltung beeinflusst werden, die Sinneswahrnehmung, Raumstruktur und emotionale Verbindungen miteinander verknüpft.

Im Anschluss an das Symposium erläuterten Dr. Helena Müller und Dr. Jonas Rehn-Groenendijk vom Designinstitut für Gesunde Gestaltung in Gründau im Rahmen des Dienstagsvortrages wie bedürfnisorientierte Gestaltung biopsychosoziale Potentiale des gebauten Raums erschließen kann. Eine abschließende Diskussionsrunde bot Raum für den Austausch von Ideen und Perspektiven.