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Mensch Raum und MATERIAL

"Räume ohne Material sind für uns nicht vorstellbar." Mit diesen Worten eröffnete Prof. Ulrike Kerber das diesjährige Symposium "Mensch und Raum" des hochschuleigenen Forschungsschwerpunkts perceptionLab der Technischen Hochschule OWL. Die 12. Veranstaltung dieser Reihe fand am vergangenen Freitag in Detmold zum Thema "Material" statt. Was bedeuten Materialien für uns und wie nehmen wir diese wahr? Was bedeuten Materialien für den Raum? Und wie wichtig sind gesunde Materialien für unsere Zukunft? Nicht nur Gestalter stellen sich diese Fragen. 

Sehr intuitiv geht der Designer Cengiz Hartmann mit Materialien um. "Ich möchte (für den Kunden) nicht irgendeinen Tisch machen, sondern den einen Tisch in seinem Leben." Das Material sage ihm, was zu tun sei. "Die Funktion allein ist nie genug, es geht immer um Beziehungen", so Hartmann. Denn Intuition sei die Summe von Erfahrung und Wissen - "also traue ich ihr!" 

Weniger intuitiv ging Max Ernst seinen Vortrag "Die Ehrlichkeit von Material" an und forderte eine Trendwende. "Den bewussten Umgang, den wir bei Lebensmitteln haben, würde ich mir auch beim Holz wünschen." Eiche aus dem Teutoburger Wald statt Mahagoni aus dem Senegal. Als gutes Beispiel nannte er die "Woodscraper" in Wolfsburg, zwei innovative Hochhäuser aus Holz. Das hierfür verbrauchte Holz wachse innerhalb eines Jahres in und um Wolfsburg herum nach. Die Lebenszyklus- und Ökobilanzierung hierzu sei von der Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur am Lehrgebiet Baustoffe und Baukonstruktion erfolgt. Auch der "Grüne Salon" - die neue Materialbibliothek der Detmolder Schule - gehe mit gutem Vorbild voran. Ihre gesamte Rauminstallation wurde ohne Leim und ohne Metallverbindung kraftschlüssig erstellt.

Die Farbdesignerin Melanie Hövermann stellte die Materialbibliothek "raumprobe" in Stuttgart vor, die mit 50 000 Materialien umfangreichste, herstellerunabhängige Ausstellung für Materialien. Sie wies auf "smarte" Materialien wie "Airbumps" hin, ein Material, das Dellen an der Autokarosserie gar nicht erst entstehen lasse. Oder eine aktive Frischluftfarbe, die in Küchen oder Toiletten unter Einwirkung von Licht Gerüche und Schadstoffe abbaut. Auch aus der reichhaltigen Sammlung der "raumprobe" stellte sie Materialien vor: Holz so weich wie Leder - ein 0,5 mm dickes Echtholz wird mit einem Trägermaterial aus Baumwolltextil verbunden. Ein Plattenmaterial aus recycelten Jeans oder die Folienheizung Naxis Thermowall für das Kachelofengefühl ohne Kachelofen. 

Ein ganz anderes Material stellte Philipp Geist von "Videogeist" vor. Philipp Geist arbeitet weltweit als Künstler mit den Medien "Projection Mapping"/Lichtkunst, Fotografie und Malerei. Er zeigte Eindrücke seiner spektakulären Lichtinstallationen in Pune/Indien, Teheran, Rio de Janeiro und am Kölner Dom. 

Materialinnovationen für eine nachhaltige Zukunft - das ist das Metier des Materialforschers Hon.-Prof. Dr. Sascha Peters von der Zukunftsagentur "Haute Innovation". Kurz vor dem Ende des petrochemischen Zeitalters stehe die Gesellschaft vor einem einschneidenden Umbruch unserer Material- und Produktkultur. Mit Verve stellte er Alternativen zum nicht abbaubaren Plastik vor. So zum Beispiel zeigte er ein neuartiges Material aus Cellulose, Chitin und einem Pilz, das von einem Forscher an der Singapore University entwickelt wurde und aus dem sich Turbinenblätter herstellen lassen. Oder eine Unternehmerin aus der Region Hannover, die nicht mehr zu verkaufende Milch aufkauft und aus dem Milchprotein Fasern für Textilien herstellt (Qmilk). 

Organisiert und moderiert wurde das Symposium von Kristina Herrmann, Projektleiterin am hochschuleigenen Forschungsschwerpunkt perceptionLab, sowie von Prof. Ulrike Kerber, stellvertretende Sprecherin des perceptionLabs. Laut Kerber besteht in einer zunehmend digitalen Welt die Gefahr, dass die Menschen immer weniger haptische Erfahrungen mit Materialien machen. Deshalb rief sie abschließend die 90 Zuhörerinnen und Zuhörer dazu auf: "Wir Innenarchitekten, Designer, Künstler sind die Botschafter für diese Welt (der Materialien)."

Text: Heide Teschner

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