In der Bundesrepublik fehlen laut Bündnis „Soziales Wohnen“ mehr als 900.000 Sozialwohnungen. Der Mieterbund spricht von einer Wohnungskrise. NRW kommt gemäß einer aktuellen Erhebung mit weniger als 4.200 fehlenden Sozialwohnung noch vergleichsweise glimpflich davon.
Gestiegene Material- und Energiepreise, hohe Personalkosten und der Mangel an Fachkräften auch im Baugewerbe sind nur einige Herausforderungen. Und denen will die Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) mit dem auf dem Kreativ Campus in Detmold geplanten Zentrum für Nachhaltiges Digitales Bauen (ZNDB) begegnen und beispielsweise den eigentlichen Bauprozess mithilfe von KI-unterstützter Robotik und Beton-3D-Druck vereinfachen und beschleunigen.
Was hinter dem ZNDB steckt und warum eine Förderung dieser geplanten Einrichtung sinnvoll wäre, darüber ließ sich Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, kürzlich bei ihrem Besuch auf dem Innovation Campus in Lemgo von Professor Dr. Christoph Nolte, Dekan des Fachbereichs Bauingenieurwesen und Professorin Dr. Yvonne-Christin Knepper-Bartel, TH-OWL-Vizepräsidentin für Bildung und Nachhaltigkeit, informieren.
Kurzer Rückblick: Die Potenzialanalyse zum ZNDB und die daraus resultierende Machbarkeitsstudie wurden im Frühjahr beziehungsweise Sommer vergangenen Jahres unter Federführung von Professorin Knepper-Bartel fertiggestellt. Beiden Studien unterstreichen das Potenzial und die Machbarkeit des ZNDB am Kreativ Campus Detmold.
Die Ministerin war der Einladung von TH-OWL-Präsident Professor Dr. Jürgen Krahl gefolgt, der sie im InnovationSPIN zunächst über die Hochschule informierte. Erwartungsgemäß hatte Ministerin Scharrenbach weder einen Aktenkoffer bei sich, um das ZNDB auf dem Kreativ Campus in Detmold zu realisieren wäre eine achtstellige Summe erforderlich, noch konnte sie Fördermittel in Aussicht stellen. Das trübte den herzlichen Empfang in Lemgo natürlich nicht.
„Der Digitalisierungsgrad nimmt von der Planung zur Ausführung ab, dazwischen ist ein Bruch“, führte Professor Nolte als „Spiritus rector des ZNDB“ aus. „Bauwerke müssen künftig mit weniger Ressourcen auskommen, vollständig rezyklierbar sein und dürfen keine Treibhausgase ausstoßen.“ Das ZNDB würde hier einen maßgeblichen Beitrag können und die Lücke zwischen digitalem Planen und digitalem Bauen schließen.
„Dieser Lückenschluss erfolgt auf drei Ebenen“, erläuterte der Fachmann weiter: „Im Digitallabor, im Reallabor sowie im Lern- und Kommunikationszentrum. Das Digitallabor dient der forschenden Entwicklung von neuen anwendungsnahen Bauweisen. Das Reallabor erprobt im größeren Maßstab die Erkenntnisse des Digitallabors und wird von der Industrie befeuert. Im Lern- und Kommunikationszentrum erfolgen Lehre, Weiterbildung, Transfer und Wissenschaftsdialog.“
Neue Techniken und Verfahren im Baugewerbe könnten aber nicht nur der Schaffung neuen Wohnraums dienen, sondern auch bei der Sanierung von Brücken wertvolle Dienste leisten, Stichwort Smart-Bridge-Repair.
Professorin Knepper-Bartel: „Zentrum für Nachhaltiges Digitales Bauen wäre ein echter Gewinn für die Region. Bereits mit der Potenzialanalyse konnten die drängenden Bedarfe der regionalen und überregionalen Wirtschaft dokumentiert werden. Durch Marktanalysen und Interviews konnte darüber hinaus ein enormes Vernetzungspotenzial für das ZNDB belegt werden, welches sich auch durch die hohe Beteiligung von Wirtschaft, Kommunen und anderen Bildungsträgern beim Abschlussworkshop der Machbarkeitsstudie zeigte.“ Einen Investor für das ZNDB gebe es zwar noch nicht, wie Professor Krahl berichtete, allerdings warte die Wirtschaft „auf ein Zeichen aus der Politik“.
Immerhin: Ministerin Ina Scharrenbach hatte ein offenes Ohr für das Anliegen der TH OWL. Aus Termingründen an diesem Abend musste die geplante Besichtigung der auf dem Innovation Campus benachbarten Smart Factory OWL zwar entfallen, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Die Ministerin sicherte zu, im Sommer wieder in Lemgo Station zu machen.
Professor Krahl: „Ohne den Einsatz von Frau Knepper-Bartel stünden wir nicht, wo wir heute sind, sie verantwortete die Potenzial- und die Machbarkeitsstudie zum ZNDB, die von Frau Scharrenbach am 6. Januar 2022 bei unserem Besuch sofort zugesagt wurde. Ich deute das als ein erstes respektables Zeichen des Interesses von Frau Scharrenbach am ZNDB.“