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„Grow Smart“ – wenn Informatik auf Landwirtschaft trifft

Stellen wir uns vor, wir könnten unser Studium so gestalten, dass es unsere Leidenschaft nicht nur berücksichtigt, sondern aktiv unterstützt und fördert. An der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) wird das möglich – hier gehen Bildung, Forschung und persönliche Interessen Hand in Hand. Ein beeindruckendes Beispiel dafür ist das Projekt „Grow Smart“, das von einer Gruppe internationaler Studierender ins Leben gerufen wurde.

Charishma Sai Pinnenaneni stammt aus Haiderabad, Indien, und studiert im Master Information Technologie an der TH OWL. Gemeinsam mit ihren Mitstudierenden entwickelt sie einen Prototyp für vertikale Landwirtschaft – ein System, mit dem Pflanzen auch in Innenräumen und urbanen Räumen nachhaltig angebaut werden können. Das Ziel: ressourcenschonende und ganzjährige Produktion, auch von Pflanzen, die unter normalen Bedingungen in Deutschland nicht wachsen würden – etwa scharfe Chilis.

„Ich komme aus der Landwirtschaft. Meine Eltern haben ein Grundstück, auf dem wir unter anderem Weizen anbauen. Das hat mich geprägt“, erzählt Charishma. Obwohl sie ursprünglich Computer-Wissenschaften studiert hat, war für sie klar, dass sich Technologie und Landwirtschaft hervorragend verbinden lassen. Diese Verbindung steht im Zentrum von „Grow Smart“.

Das Team besteht aus fünf Studierenden aus Indien und Pakistan – alle im Bereich IT, alle mit starkem Interesse an nachhaltiger Landwirtschaft. Ihre Aufgabe: manuelle Arbeit durch automatisierte Systeme zu ersetzen. Hierbei kommen speicherprogrammierbare Steuerungen zum Einsatz, kombiniert mit IoT-Sensoren zur Erfassung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, CO₂-Werten, Lichtintensität, Wasserqualität und Nährstoffgehalt. Die erhobenen Daten werden mithilfe von KI-Algorithmen analysiert, um Klima-, Licht-, Bewässerungs- und Düngeprozesse präzise zu steuern.

Enge Kontakte zu den Professorinnen der Lebensmitteltechnologie sind dabei besonders wertvoll. Sie unterstützen das Team mit Fachwissen, Forschungsergebnissen und praktischer Expertise. Aktuell befindet sich das Projekt in der technischen Umsetzungsphase – die Grundlagen sind gelegt. Der nächste Schritt ist die Zusammenarbeit mit Agrarfachleuten. Dafür sucht das Team gezielt den Austausch mit dem Fachbereich Landschaftsarchitektur und Umweltplanung an der TH OWL.

„Grow Smart“ legt großen Wert auf wissenschaftliche Genauigkeit. Das Team verfolgt aktuelle Entwicklungen in der Agrarforschung aufmerksam und arbeitet daran, Erkenntnisse in die Praxis zu überführen. 

Vertikale Landwirtschaft ist eine vielversprechende Antwort auf Herausforderungen wie Wasserknappheit, Klimaschwankungen, Schädlingsbefall, hohen Ressourcenverbrauch und wachsende städtische Bevölkerungsdichte. Durch sogenannte Smart-Farming-Technologien lässt sich das volle Potenzial nachhaltiger Landwirtschaft ausschöpfen: weniger Wasser- und Flächenverbrauch, kürzere Transportwege, reduzierte CO₂-Emissionen, bessere Kontrolle beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und eine ganzjährige lokale Produktion.

„Vielleicht fragen sich manche, was Informatik mit Landwirtschaft zu tun hat“, sagt Charishma. „Für mich besteht eine starke Verbindung. Beide Bereiche sind entscheidend für die Zukunft der Menschheit – weltweit.“

Statt herkömmlicher Erde setzt das Team auf Kokosfaser – ein leichtes, nachhaltiges Substrat, das Wasser und Feuchtigkeit besonders gut speichert. Dadurch können unterschiedlichste Pflanzen effizient angebaut werden, selbst auf begrenztem Raum.

Auch die Nachhaltigkeitsziele des Projekts sind klar definiert: bis zu 95 Prozent Wasserersparnis im Vergleich zur traditionellen Landwirtschaft, höherer Ertrag pro Quadratmeter durch mehrschichtigen Anbau und eine deutliche Reduktion des Pestizideinsatzes dank KI-gestützter Überwachung.

Die TH OWL fördert das Projekt nicht nur finanziell, sondern auch wissenschaftlich – mit modernen Laboren, technischer Infrastruktur und offener Betreuung. „Die Unterstützung durch unsere Professor:innen war großartig. Ich hätte nicht mit so viel Engagement gerechnet“, lobt Charishma.

Seit eineinhalb Jahren lebt sie in Lemgo – und fühlt sich wohl. „Die Stadt ist ruhig, freundlich und bezahlbar. Man kann hier mit überschaubarem Budget gut leben. Ich würde gerne auch nach meinem Abschluss in der Region bleiben.“

Zum Schluss richtet Charishma noch einen Rat an alle internationalen Studierenden, die in Zukunft nach Lemgo kommen: „Folgt eurem Herzen, vertraut auf euch selbst und seid innerlich bereit – es lohnt sich.“