Es liegt nahe, beides zu verbinden: ein industrielles Gleichstromnetz mit dem Laden von Fahrzeugen zu kombinieren, um Vorteile synergetisch nutzen zu können, und zusätzlich auch die Batterien der Fahrzeuge durch bidirektionalen Energieaustausch für weitere Aufgaben bereit zu machen. Dieser Aufgabe stellt sich das Projekt DCI4CHARGE.
Der Langname des Projekts „Erweiterung des DC-INDUSTRIE-Systemkonzepts für offene Niederspannungs-DC-Netze für den Anwendungsbereich bidirektionales Laden“ zeigt, was ein Hauptziel von DCI4CHARGE ist, nämlich durch das konsequente Nutzen von breit anerkannten Ergebnissen aus erfolgreichen Projekten schnell standardisierte Lösungen für Ladeparks zu erreichen, um den Hochlauf der Elektromobilität zu beschleunigen und zu vergünstigen. DC-INDUSTRIE2 hat mit 40 Partner:innen aus Industrie und Forschung bereits einen offenen Standard für Gleichstrom-(DC-)Netze erarbeitet, erprobt und veröffentlicht. Dieser als „Systemspezifikation DC-INDUSTRIE“ bezeichnete Standard kommt mehr und mehr zum Einsatz.
Da gerade Firmen ihre Fuhrparks schnell auf E-Fahrzeuge umstellen wollen, ist das industrielle Umfeld von besonderer Wichtigkeit. Mit DCI4CHARGE erhält man ein Gleichstromnetz für den Firmenstandort, das alle Erzeugenden wie die eigene Solaranlage, Speicher und Verbraucher:innen effizient und wirtschaftlich verbindet und auch für zukünftige Aufgaben in der Energiewende gerüstet ist. Auch die üblichen höheren Leistungen der Industrie sind mit dem schnellen Laden von Fahrzeugen perfekt kombinierbar. Bild 2 zeigt die sich hierdurch ergebende Struktur des DC-Netzes mit allen Komponenten, die am DC-Netz angeschlossen sein können.
„Nicht nur Industriebetriebe werden von DCI4CHARGE profitieren. Auch Einkaufsmärkte, Shopping Malls oder Veranstaltungszentren haben ähnliche Netzstrukturen und Energiebedarfe. Gleichstrom hat daher in vielen Bereichen energetische Vorteile, in Verbindung mit bidirektionale Gleichstromladen ergeben sich enorme Potentiale für intelligente Energiefunktionen,“ sagt Professor Dr. Holger Borcherding von der TH OWL, der Initiator und Projektkoordinator von DCI4CHARGE ist. Die TH OWL treibt Gleichstromnetze voran und wird mit der SmartFactoryOWL einen der Anwendungsorte für DCI4CHARGE bereitstellen. Am Institut für Energieforschung iFE der TH OWL wird das Team Leistungselektronik zusammen mit Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB isolierende DC/DC-Wandler entwickeln, die notwendig sind, um den Gleichstrom aus dem Unternehmens-Gleichspannungsnetz in den Gleichstrom umzuwandeln, der zur Ladung der Fahrzeugbatterien benötigt wird.
„Durch die Integration der Ladestationen ins Gleichspannungsnetz können wir nicht nur Energie sparen, sondern auch die Kapazität der Fahrzeugbatterien für die Energieversorgung der Unternehmen nutzen“, ergänzt der Projektleiter Jonas Knapp vom Fraunhofer IPA. „Auf diese Weise lassen sich Verbrauchsspitzen abpuffern und Energiekosten senken.“ Für die Regelung dieser Energieflüsse entwickeln die Forschenden am IPA jetzt ein softwaregestütztes Energiemanagement: Die bidirektional angebundenen Elektrofahrzeuge können dabei als „virtuelle Batterie“ Strom aufnehmen, aber auch wieder abgeben. Mit Hilfe von Simulationen lässt sich der Einfluss dieser virtuellen Batterie und des Energiemanagements auf die Netzstabilität analysieren. Ziel ist es, den Mehrwert von bidirektionaler Ladeinfrastruktur zu quantifizieren, ohne die Netzstabilität zu gefährden.
Von der Firma Ambibox GmbH kommen Ladegeräte zum Einsatz, die im Rahmen des Projekts aus bestehender bidirektionaler DC-Ladetechnologie auf die DC-INDUSTRIE-Systemspezifikationen und deren Erweiterung auf das bidirektionale Laden von E-Fahrzeugen adaptiert werden. „Mit der Anbindung unserer bidirektionalen DC Wallbox an ein DC-Netz, ermöglichen wir die effiziente und ressourcenschonende Nutzung des Elektrofahrzeuges als Energiespeicher. Die Industrie bietet mit langen und planbaren Standzeiten der Fahrzeuge einen Vorteil, welcher genutzt werden muss,” erläutert Kai Fieber, CTO der Ambibox GmbH. Die Eaton Industries GmbH wird hybride und halbleiterbasierte Leistungsschalter mit ihren Schalt-, Mess- und Schutzfunktion an die Erfordernisse moderner bidirektionaler Ladeinfrastruktur adaptieren und optimieren. „Wir freuen uns, dass die erfolgreiche Arbeit von DC-INDUSTRIE2 ergänzt wird und dass durch eine enge Zusammenarbeit mit der Open DC Alliance ODCA die Verbreitung der Ergebnisse gefördert wird,“ ergänzt Dr. Hartwig Stammberger von Eaton Industries GmbH, gleichzeitig Vorstandsvorsitzender der ODCA.
Die Firma Weidmüller GmbH & Co KG wird sich neben der Analyse der DC/DC-Ladetechnik, der Bewertung von Anwendungserfahrungen auf die Integrationsmöglichkeiten eigener Ladesysteme und Energiemanagement-Lösungen in die Modellanwendungen (zum Beispiel Weidmüller DC-Netz) und den Transfer fokussieren.
Ein Hauptziel ist die schnelle Übergabe der Ergebnisse zur Standardisierung. Daher wird das Projekt das Netzwerk der Open Direct Current Alliance (ODCA, odca.zvei.org), für den Transfer nutzen.
Assoziierte Partner des Projekts sind Bäumer converting machines, Danfoss, Maschinenfabrik Reinhausen, Innelekt und Universität Stuttgart – Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP), die mit Anwendungs-Know-How, Geräten und einem Anwendungsstandort das Projekt vervollständigen.
Informationen zum Projekt DCI4CHARGE:
Projektpartner: Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe/Institut für Energieforschung (iFE, Koordinator), Ambibox GmbH, Eaton, Weidmüller Interface, Fraunhofer IPA, Fraunhofer IISB
Projektlaufzeit: 01.08.2023-31.01.2026
Gefördert durch das BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz)
Förderkennzeichen: 01MV23005A-E