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Transfertag macht Bedarfe und Chancen deutlich

Einhelliger Tenor: Die Energiewende kann gelingen. Und zwar dann, wenn man die Kraft von Sonne, Wind, Wasser aber auch Erdwärme klug nutzt, alle relevanten Akteure sowie Wissenschaft und Forschung an einen Tisch holt, und die vorhandenen Infrastrukturen sinnvoll nutzt oder optimiert. Der Transfertag „Kommunale Wärmeplanung“ im Rahmen des Projektes CO2Bau war ein voller Erfolg.

Der Mix aus breitgefächerten Vorträgen in einem Hörsaal des Casinos auf dem Kreativ Campus in Detmold und der Möglichkeit, sich fachlich auszutauschen und „netz zu werken“, kam bei allen Beteiligten sehr gut an. Der Einladung der TH OWL in Kooperation mit „Lippe zirkulär“ waren kürzlich knapp 100 Gäste gefolgt.

Unter anderem kamen diese aus Politik und Verwaltung, von kommunalen Versorgungsbetrieben und privatwirtschaftlichen Unternehmen. Angereist waren die Teilnehmenden, darunter auch interessierte Bürger:innen, nicht nur aus Lippe, sondern auch aus den Kreisen Herford, Minden-Lübbecke, Gütersloh und zum Teil weit darüber hinaus. Transfermanager Timo Broeker zeigte sich zufrieden: „Wir haben den Bereich Transfer an der TH OWL bewusst ausgebaut und diese Veranstaltung zeigt, dass der Bedarf da ist.“

„Wir stehen in Europa vor der Transformation des Energiesystems. Das betrifft insbesondere die Kommunale Wärmeplanung, die regionalen und dezentralen Strukturen und stellt hohe Anforderungen an individuelle Lösungen vor Ort“, sagte TH-OWL-Professorin Dr. Susanne Schwickert. Welche das sein können und was alles damit zusammenhängt, machte das Programm des Transfertags deutlich.

Im Kontext der Energiewende stehe der Klimawandel als „planetarer Notstand“ im Vordergrund. Gastredner Professor Dr. Stephan Hankammer von der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft betonte in seiner Keynote „Regeneratives Wirtschaften: Ein neuer Rahmen für zukunftsfähigen Unternehmenserfolg“ die Notwendigkeit eines umfassenden Paradigmenwechsels.

Professor Hankammer erläuterte, dass konventionelle Ansätze der Nachhaltigkeit oft unzureichend seien, um den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. Vielmehr sei ein regeneratives Wirtschaften erforderlich – ein Ansatz, der es ermögliche, Klimaneutralität zu erreichen, indem nicht nur negative Auswirkungen minimiert, sondern auch die Wiederherstellung und Regeneration ökologischer und sozialer Systeme aktiv gefördert werde, um den atmosphärischen Kohlenstoff zu reduzieren.

Er betonte, dass die Wirtschaft eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Klimakrise spiele. Unternehmen müssten ihre Geschäftsmodelle transformieren, um einen positiven Nettoeffekt auf die Umwelt zu erzielen. Entkopplung durch Technologie und innovative Geschäftsmodelle seien wichtige Hebel für diesen Wandel. Ohne einen tiefgreifenden Mentalitätswechsel und die Einbindung aller relevanten Handelnden sei jedoch eine echte Transformation nicht möglich.

Professor Dr. Henning Meschede von der Universität Paderborn forderte in seiner Präsentation „Wärmeplanung im Kontext einer ganzheitlichen Energiewende“ ebenfalls ein Umdenken in der Energiepolitik. Er argumentierte, dass Erneuerbare Energien und energieeffiziente Systemdesigns nur auf der Grundlage einer gründlichen Analyse der Energiebedarfe umgesetzt werden können. Er hob hervor, dass die Elektrifizierung ein vielversprechender Ansatz für die Defossilisierung darstelle und eine zentrale Rolle in der Energiewende einnehme. Die Energiewende und der Übergang zu regenerativen Wirtschaftsprinzipien seien entscheidend, um die planetaren Grenzen zu respektieren und langfristig einen nachhaltigen Wohlstand für zukünftige Generationen zu sichern.

Dass auch flexible Strompreise einen wichtigen Beitrag zur Energiewende liefern können, machte Professor Dr. Johannes Üpping, TH OWL, deutlich. „Das Stromnetz ist kein nativer Speicher, das heißt, was an Strom erzeugt wird, muss auch verbraucht werden.“ Habe man einen Überschuss etwa an Wind- oder Solarenergie müsse man diesen unter Umständen verwerfen. Flexible Strompreise könnten ein Anreiz sein, diese Energie eben dann zu verbrauchen, wenn sie im Überfluss vorhanden und damit besonders günstig sei. „Ohne den Anreiz, eine Lastverschiebung zu nutzen, wird es nicht gehen“, schätzte der Fachmann.

Wer beim Stichwort saubere „Energieerzeugung“ an Sonnen-, Wind- und Wasserkraft denkt, hat natürlich recht. Auch Biomasse ist, gerade in ländlich geprägten Regionen präsent. Es steckt aber auch eine Menge Energie – und zwar in Form von Wärme – im Abwasser, worauf Professor Dr. Jörg Felmeden, ebenfalls TH OWL, aufmerksam machte. Sein Vortrag unter dem Titel „Was verbindet die Wasserwirtschaft in OWL mit der kommunalen Wärmeplanung?“ war aufschlussreich – zumal Kläranlagen die größten Stromverbraucher in einer Kommune seien.

„Bis zu zehn Prozent aller Gebäude in Deutschland könnten mit Wärme aus Abwasser beheizt werden“, rechnete der Experte vor. Wärmepumpen könnten diese Energie aber nicht zum Heizen, sondern im Sommer sogar zum Kühlen nutzen. Und noch etwas gab Professor Felmeden zu bedenken: „Unsere Trinkwasserleitungen stecken zwar so tief im Boden, dass sie frostfrei sind, jedoch nicht überall so tief, dass sie im Sommer bei starker Sonnenstrahlung nicht erwärmt würden. Auch diese Wärmeenergie ließe sich nutzen.“

Dass sich die Bundesrepublik mit Einsparungen und mehr Effizienz selbst mit erneuerbarer Energie versorgen könne, machte Professor Dr. Mario Adam von der Hochschule Düsseldorf deutlich. Zum effizienten Umgang mit Ressourcen zähle eben auch, nicht nur Bestandsgebäude zu dämmen, sondern auch Fernwärmeleitungen.

Kim Roya Nokar vom Geologischen Dienst, einer Fachbehörde des Landes NRW, berichtete in ihrem Vortrag über die „Geothermie in OWL – Seismische Messungen liefern Daten für die kommunale Wärmeplanung“. Die Geothermie ist für die Fachfrau ein wichtiger Baustein im Wärmemix. Noch bis Mitte Oktober, so berichtete sie, seien in OWL zwei Trupps mit Mess-LKW unterwegs. Sie erkunden eine 350 Kilometer lange Strecke über acht Kreise und 39 Gemeinden hinweg.

Stück für Stück arbeiten sich die Fahrzeuge vor. Eine Rüttelplatte am Boden vibriere für eine bis drei Minuten. Sogenannte Geophone fangen, ähnlich einem Echolot, die reflektierten Schallwellen auf, um ein präzises Bild vom Untergrund zu erstellen. „Mit den daraus resultierenden Karten kann später gezielt nach heißem Wasser im Boden gesucht werden, das Verfahren spart Zeit und Geld“, betonte Kim Roya Nokar.