Forschungsdatenmanagement
Im Rahmen der Forschung werden mit wissenschaftlichen Methoden vielfältige Daten erzeugt oder verarbeitet. Im Mittelpunkt des Forschungsdatenmanagements steht der strukturierte, nachhaltige Umgang mit diesen Forschungsdaten. Das Forschungsdatenmanagement bezieht sich dabei auf alle Maßnahmen im Umgang mit digitalen Forschungsdaten. Dazu zählen insbesondere die Datenaufbereitung, Dokumentation und Datenorganisation, die Speicherung im Forschungsprozess und darüber hinaus sowie die Veröffentlichung und (Langzeit-)Archivierung.
Forschungsdatenmanagement gewährleistet die Organisation der digitalen Forschungsdaten, ihre (Nach-)Nutzbarkeit und die Archivierung. Der geplante und strukturierte Umgang mit Forschungsdaten bietet verschiedene Vorteile:
- Die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis werden eingehalten, Transparenz und Validität der Daten gewährleistet.
- Die Vorgaben von Mittelgebern werden erfüllt: Immer mehr Forschungsförderer verlangen verbindliche Aussagen zum Umgang mit den im Rahmen des Forschungsprojekts entstehenden Forschungsdaten. Dafür wird zunehmend die Erstellung von Datenmanagementplänen gefordert.
- Datenverlust wird verhindert.
- Redundante Datenerhebungen können vermieden werden.
- Der wissenschaftliche Austausch wird gefördert und die Sichtbarkeit durch die Publikation von Forschungsdaten gesteigert.
Policy
Forschungsdaten-Policies sind Richtlinien, die für eine Institution oder ein Fachgebiet festlegen, welche Verfahren beim Forschungsdatenmanagement eingesetzt werden sollen. Sie bieten damit eine wichtige Orientierungshilfe im Umgang mit Forschungsdaten.
Forschungsdaten-Policies gibt auch es in den Förderprogrammen der DFG und der EU. Von grundlegender Bedeutung für nachhaltig nutzbare Forschungsdaten sind die "FAIR Principles" aus dem Horizon 2020-Report.
Die Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe bekennt sich zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Forschungsdaten. Aktuell werden Grundsätze im Umgang mit Forschungsdaten diskutiert und auf dieser Grundlage eine Richtlinie (Policy) für die Hochschule erarbeitet.
Entwurf (Stand 06/2023)
Forschungsdaten-Policy
Präambel
Forschungsdaten und ihre Dokumentation bilden eine wesentliche Grundlage für wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn, anwendungsorientierte Forschung und akademische Lehre. Die Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) bekennt sich daher zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Forschungsdaten als Voraussetzung für wissenschaftliche Integrität und qualitativ hochwertige Forschung. In Ergänzung und zur Konkretisierung der „Ordnung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der Technischen Hochschulen Ostwestfalen-Lippe“ gibt sich die TH OWL eine Policy für den Umgang mit digitalen Forschungsdaten (Forschungsdaten-Policy).
§ 1. Definitionen
- Forschungsdaten sind alle Daten, Materialien, Hilfsmittel und Arbeitsprozesse, die im Rahmen einer wissenschaftlichen Tätigkeit recherchiert, genutzt oder neu gewonnen werden. Die Formen, die Forschungsdaten annehmen, sind in hohem Maß von der jeweiligen Fachdisziplin sowie den angewendeten Forschungsverfahren und zielen abhängig.
- Forschungsdatenmanagement (FDM) umfasst alle technischen und organisatorischen Maßnahmen und wissenschaftlichen Tätigkeiten beim Umgang mit Forschungsdaten während des gesamten Forschungsprozesses. FDM ist unabhängig von der Publikation bzw. der Publikationsabsicht von Ergebnissen.
- Ein Forschungsprojekt (im Sinne dieser Policy) ist jede wissenschaftliche Tätigkeit (z.B. in Grundlagen- und Anwendungsforschung sowie in der Lehre), ungeachtet der Anzahl der beteiligten Personen und Institutionen sowie dessen Finanzierung.
§ 2. Geltungsbereich
- Diese Forschungsdaten-Policy gilt für alle Angehörigen der TH OWL.
- Sobald ein Angehöriger oder eine Einrichtung der TH OWL an einem Forschungsprojekt beteiligt ist, gilt diese Forschungsdaten-Policy, soweit die Beteiligten keine gleichwertigen oder strengeren Vorgaben treffen.
- Wird ein Forschungsprojekt durch einen Dritten finanziert, hat der mit der TH OWL geschlossene Fördervertrag Vorrang vor den Regelungen dieser Forschungsdaten-Policy.
§ 3. Nutzungsrechte
Sofern keine anderslautenden gesetzlichen Bestimmungen oder anwendbaren Vereinbarungen (z.B. als Teil eines Dienstvertrags oder einer Kooperationsvereinbarung) existieren, steht der TH OWL das nicht ausschließliche Recht zur wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzung von Daten, die im Rahmen einer wissenschaftlichen Tätigkeit an der TH OWL erhoben, erzeugt oder verarbeitet werden, zu.
§ 4. Umgang mit Forschungsdaten
- Grundsätzlich sind beim Umgang mit Forschungsdaten die höchsten allgemeinen und fachspezifischen Standards anzuwenden. Insbesondere sind die FAIR-Prinzipien zu befolgen.
- Für die Nachnutzung von Daten gelten die gleichen Anforderungen an Transparenz und Sorgfalt wie beim Umgang mit wissenschaftlicher Literatur. Die Anforderungen der guten wissenschaftlichen Praxis gelten entsprechend.
- Forschungsdaten sind inkl. beschreibender Metadaten und weiterer Dokumentation von Anfang an so zu speichern und zu verarbeiten, dass die Datensicherheit permanent gewährleistet ist und die Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit des Forschungsprozesses ermöglicht wird. Die Löschung von Forschungsdaten während eines Forschungsprojekts erfolgt ausschließlich bei Vorliegen eines triftigen Grunds und wird dokumentiert.
- Forschungsdaten, die einer Publikation zugrunde liegen oder bei denen Interesse Dritter an einer Nachnutzung angenommen werden kann, sind in angemessener Frist öffentlich zugänglich zu machen, sofern keine gesetzlichen Bestimmungen oder andere Schutzrechte z.B. aufgrund von Verwertungsabsichten eine Veröffentlichung verbieten. Zu veröffentlichende Forschungsdaten sind mit einer möglichst freien Lizenz (z.B. Creative Commons) und einem persistenten Identifikator zu versehen.
- Die Beteiligten an einem Forschungsprojekt entscheiden so früh wie möglich, spätestens jedoch bei Projektabschluss, welche Daten über das Projektende hinaus
- zu Dokumentationszwecken aufbewahrt werden.
- dauerhaft archiviert werden.
- Datenschutzrechtliche Vorgaben (z.B. die „Leitlinie zum Datenschutz der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe“) werden insb. bei der Erhebung, Verarbeitung, Speicherung, Entscheidung über Aufbewahrung und Archivierung sowie Löschung beachtet.
§ 5. Verantwortlichkeiten, Rechte, Pflichten
- Die TH OWL und wissenschaftlich Tätige tragen gemeinsam Verantwortung für das FDM.
- Die TH OWL
- trägt eine institutionelle Verantwortung. Sie schafft die Rahmenbedingungen für FDM, indem sie zur angemessenen Aufbewahrung und Verfügbarkeit von Forschungsdaten eine Grundausstattung an Forschungsdateninfrastruktur bereitstellt. Sie betreibt ein aktives Anforderungsmanagement, um spezifische Anforderungen von Forschungsprojekten zu identifizieren und nach Möglichkeit zu unterstützen.
- baut Strukturen für die Beratung und Unterstützung sowie Aus-, Fort- und Weiterbildungen auf.
- Wissenschaftlich Tätige
- sind verantwortlich für die Umsetzung der in § 4 formulierten Anforderungen.
- sollen für jedes Forschungsprojekt einen Datenmanagementplan (DMP) anlegen und bis zum Abschluss des Projekts pflegen. Der DMP dokumentiert die Sammlung, Erzeugung, Verwaltung, Aufbewahrung, Nutzung und Veröffentlichung der verwendeten Daten. In gemeinschaftlichen Forschungsprojekten dokumentiert der DMP zusätzlich die Vereinbarungen zu Abläufen und Verantwortlichkeiten.
- treffen Regelungen für den Fall des Ausscheidens aus der TH OWL.
- erfüllen alle institutionellen und rechtlichen Bestimmungen in Bezug auf Forschungsdaten und deren Dokumentation und treten dafür ein.
§ 6. Gültigkeit/Schlussbestimmungen/Inkrafttreten
- Diese Ordnung wird im Verkündungsblatt der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe veröffentlicht. Sie tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft.
- Sie wird alle 3 Jahre vom S(kim) überprüft und bei Bedarf aktualisiert.
- Ausgefertigt aufgrund der Beschlüsse des Präsidiums vom XX.XX.2023 und des Senats vom XX.XX.2023 der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe.
Unabhängig von den Forschungsdaten-Policies einzelner Institutionen haben sich weitere Policies als disziplinäre bzw. interdisziplinäre Policies oder als Richtlinien von Zeitschriften entwickelt. Diese Policies definieren die Standards für das jeweilige Forschungsgebiet und variieren abhängig vom disziplinären Fokus, dem tradierten Umgang mit Daten sowie der Heterogenität der wissenschaftlichen Daten.
Folgende fachspezifische Empfehlungen können auch für Forschungsgebiete an der TH OWL relevant sein:
- Digitaler Wandel in der Wissenschaft: Herausforderungen und Chancen für das Fachgebiet Materialwissenschaft und Werkstofftechnik
- Richtlinien zum Umgang mit Forschungsdaten in der Biodiversitätsforschung
- Forschungsdatenmanagement in den Sozial-, Verhaltens- und Wirtschaftswissenschaften (Rat für Sozial- und WirtschaftsDaten)
- Management von Forschungsdaten: Was erwartet das Fachkollegium 112 „Wirtschaftswissenschaften“ von Antragstellenden?
- Terrestrial Ecosystem Research Network (TERN): TERN Data Licensing Policy
Datenmanagement
Ein Datenmanagement mit einer hohen Verfügbarkeit von gut aufbereiteten und gepflegten Forschungsdatenbeständen ermöglicht eine bessere Forschung.
Der Umgang mit anfallenden Forschungsdaten und -ergebnissen sollte vorausgeplant werden. Dabei ist es wichtig, die verschiedenen Phasen im Forschungsdatenzyklus zu kennen, weil in jeder Phase unterschiedliche Aufgaben anfallen. Ein geeignetes Werkzeug für einen strukturierten Umgang mit den Daten ist ein Datenmanagementplan.
Datenveröffentlichung
Es gibt guten Gründe dafür, Forschungsdaten zu veröffentlichen und langfristig verfügbar zu halten. Durch die Veröffentlichung werden Forschungsdaten zitierfähig und geben damit den erzielten wissenschaftlichen Ergebnissen insgesamt eine höhere Sichtbarkeit. Studien haben gezeigt, dass Publikationen öfter zitiert werden, wenn die zugrundeliegenden Daten öffentlich sind. Zusätzlich empfehlen auch diverse Förderer und Geldgeber eine Datenveröffentlichung oder setzen sie voraus.
Vor einer Datenveröffentlichung ist grundsätzlich zu klären, ob die Forschungsdaten veröffentlicht werden dürfen oder ob rechtliche Gründe dagegensprechen. Eine Information mit Entscheidungshilfe finden Sie bei forschungsdaten.info sowie im Abschnitt Lizenzierung. Ist eine Veröffentlichung rechtlich möglich, sollten Sie ein geeignetes Repositorium, einen Speicherort für Ihre digitalen Daten, auswählen. Eine optimale Auffindbarkeit der öffentlichen Forschungsdaten wird durch Metadaten und Dokumentation sichergestellt.
Für die Veröffentlichung Ihrer Forschungsdaten stehen sogenannte Repositorien zur Verfügung. Die Bewilligung von Forschungsmitteln bzw. Fördergeldern ist mittlerweile eng an die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse in einem sogenannten Repositorium gekoppelt. Für diesen Zweck steht Ihnen der hochschuleigene Hochschulschriftenserver ELSA zur Verfügung. Unabhängig von den einzelnen Hochschulrepositorien gibt es diversere Fach-Repositorien, die Sie zur Veröffentlichung Ihrer Daten nutzen können. Diese Fach-Repositorien und Archive wurden in den letzten Jahren weltweit verteilt aufgebaut. Falls es in Ihrer Disziplin ein Fachrepositorium gibt, empfehlen wir Ihnen, dieses disziplinspezifische Repositorium zu nutzen.
Ein geeignetes Repositorium für Ihre Forschungsdaten können Sie über das globale Register re3data.org finden. Ähnlich funktioniert der Repository Finder, der ausschließlich Fachrepositorien enthält, die den FAIR-Prinzipien folgen.
Einen ersten Eindruck von einem Fachrepositorium können Sie bei diesen bekannten Fachrepositorien bekommen:
- Fachrepositorium Geowissenschaften: PANGAEA
- Fachrepositorium Lebenswissenschaften: Publisso
- Fachrepositorium Medienwissenschaft: media/rep/
- Fachrepositorium Sozial- und Wirtschaftswissenschaften: datorium
Um Forschungsdaten sinnvoll zu nutzen und zu publizieren ist eine nachvollziehbare Dokumentation erforderlich. Anhand von Metadaten können Forschungsdaten beschrieben werden, um ihre Auffindbarkeit zu optimieren. Zu den grundlegenden Informationen gehören Angaben zum Titel, Forscher, Institution, Ort, Zeitraum, Thema, Rechte, Dateinamen, Formate etc. Standardisierte Elemente zur Beschreibung von Daten sind in Metadatenschemata zusammengestellt, stellen eine einheitliche und nachvollziehbare Beschreibung sicher und ermöglichen damit Auffinden, Nachnutzbarkeit und Zitierbarkeit der Daten. In einigen Disziplinen sind bereits spezifische Metadatenschemata verfügbar
- Naturwissenschaften: ICAT Schema, Conventions for climate und Forecast metadata, Darwin Core
- Sozial- und Wirtschaftswissenschaften: Digital Documentation Initiative (DDI)
Wenn kein fachspezifisches Schema zur Verfügung steht, kann auch ein disziplinunabhängiges Schema genutzt werden
Das DataCite Metadata Schema hat sich inzwischen als weltweit eingesetztes Modell etabliert und wird von den meisten großen Datenrepositorien unterstützt. Mit dem DataCite-Metadata-Generator steht ein Online-Tool bereit, mit dem Metadaten im DataCite-Schema strukturiert erfasst werden können.
Bei der Veröffentlichung und Nutzung von Forschungsdaten sind verschiedene rechtliche Aspekte zu beachten.
- Wer darf über die Weitergabe und Veröffentlichung von Forschungsdaten entscheiden, wer besitzt die Rechte?
Entscheidend sind in diesem Fall die Vertragsverhältnisse zwischen Forschenden, Arbeitgeber, Auftraggeber, Forschungsförderer, die bestimmen, wer mitentscheiden darf oder gefragt werden muss. Einen Überblick zu wichtigen rechtlichen Aspekten bei einer Veröffentlichung von Forschungsdaten bietet forschungsdaten.info - Welche datenschutzrechtlichen Beschränkungen müssen beachtet werden?
Wenn in der Forschung personenbezogene Daten verwendet werden, unterliegen diese besonders strengen Vorgaben hinsichtlich der Archivierung, Bereitstellung und Veröffentlichung - Welche Lizenz soll für die Veröffentlichung von Daten gewählt werden?
Werden Daten unter einer bestimmten Lizenz veröffentlicht, wird damit detailliert festgelegt, welche Form der Nutzung zulässig ist. Diese Regelung schafft Rechtssicherheit sowohl für Forschende als auch Nutzer von Forschungsdaten. Es existieren bereits verschiedene Lizenzmodelle, die Nutzungsrechte standardisiert regeln. Weit verbreitet sind die Lizenzen der Creative Commons. Speziell für den Bereich der Datenveröffentlichung ist das Lizenzpaket Open Data Commons entwickelt worden, das verschiedene Modelle anbietet. Dabei wird die Lizenz CC-BY (Bedingung der Namensnennung) der Idee von Open Access und Open Science am besten gerecht.
Bleiben Sie sichtbar!
Eine nachhaltige Nutzung von Forschungsdaten und Veröffentlichungen erreichen Sie durch die Verwendung von persistenten Identifikatoren. Als persistenter Identifikator wird ein Code aus Ziffern und/oder alphanumerischen Zeichen bezeichnet, der einem Datensatz oder einem digitalen Objekt zugeordnet wird und dauerhaft eindeutig auf diesen Inhalt verweist.
- Für Forschungsdaten haben sich sowohl national als auch international Digital Object Identifier (DOI) als persistente Identifikatoren durchgesetzt.
- Ein weiteres bekanntes System zur persistenten Identifikation ist der Uniform Resource Name (URN), der allerdings nur für Publikationen genutzt wird und vor allem im deutschen und europäischen Raum gebräuchlich ist.
- Forschende selbst und Publizierende können international eindeutig identifziert werden über die Open Research and Contributor (ORCID)-ID. Damit können nicht nur Werke eindeutig einer Person zugeordnet werden, sondern auch Zugehörigkeiten zu Organisationen und Beiträge zu anderen Arbeiten dokumentiert werden.
Beratung
S(kim) berät Sie gern rund um das Thema Forschungsdatenmanagement (FDM) und stellt Ihnen Services und Tools vor. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf, um Ihre individuellen Fragen zu besprechen. Wir freuen uns auf ein Gespräch mit Ihnen.
Kontakt
Telefon: +49 5261 702-2222
E-Mail: support@th-owl.de
Forschungsdatenmanagement - nur ein Aspekt von Open Science
Forschungsdatenmanagement ist nur ein Aspekt aus dem vielfältigen Spektrum Open Science. Informieren Sie sich über weitere Aspekte von Open Science.